„Was wollen Sie denn hier? Innovation braucht doch kein Mensch.“ Es klingt fast unglaublich, was Prof. Dr. Nikolaus Franke, wissenschaftlicher Leiter von TOP 100, im neuen TOP 100-Buch von seinen Anfängen berichtet. Denn genau das waren die Worte, mit denen er 2001 von Kollegen empfangen wurde, als er an der Wirtschaftsuniversität Wien das Institut für Entrepreneurship und Innovation gründete. „Heute wirkt das wie ein Witz“, sagt Franke und macht damit deutlich, dass die Begrüßungsworte damals keineswegs ironisch gemeint waren. In einem Doppelinterview mit Thomas Wörl, dem geschäftsführenden Gesellschafter von compamedia, werfen die beiden im TOP 100-Buch einen Blick auf den stetig wachsenden Stellenwert des Themas Innovation. Anlass dafür ist das 30. Jubiläum des Innovationswettbewerbs TOP 100, der von compamedia ausgerichtet wird.
So, wie sich TOP 100 von einem regionalen Projekt zu einem bundesweiten Wettbewerb in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, haben sich auch die ausgezeichneten Mittelständler weiterentwickelt. „Viele Methoden sind dazugekommen. Technologie, Konnektivität und Digitalisierung haben uns ganz neue Möglichkeiten eröffnet“, erläutert Franke. „Es ist in etwa so, als vergliche man den FC Bayern München, Manchester United oder Real Madrid von heute mit dem Fußball der deutschen Weltmeisterelf von 1990“, sagt Franke. „Damals war sie die beste Mannschaft des Turniers, heute hätte sie in Bezug auf Tempo, Athletik und Taktik keine Chance. Genauso sind die aktuellen ‚Innovatoren des Jahres‘ mit den Unternehmen von vor 20 Jahren nicht vergleichbar.“
Dass das TOP 100-Siegel im Laufe der Jahre stark an Attraktivität gewonnen hat, liegt zum einen an seinem vielfältigen Nutzen, beispielsweise für Recruiting, Medienarbeit oder Marketing. Thomas Wörl nennt aber noch einen anderen, nicht sofort auf der Hand liegenden Aspekt: „Die Mittelständler wollen sich auch einmal selbst feiern. Und das völlig zu Recht, denn häufig steht hinter einer innovativen Firma – das sind ja oft Familienunternehmen – auch ein beeindruckendes Lebenswerk. Diese Unternehmer tun das, was sie tun, mit Leidenschaft. Und wenn man etwas mit Leidenschaft macht, möchte man auch Wertschätzung dafür bekommen. TOP 100 bietet diese Wertschätzung.“
Politik und Verwaltung mit Nachholbedarf
In Zeiten von Pandemie, Krieg, Inflation und Klimawandel hat sich jüngst der Horizont verdunkelt, manche sprechen bereits von der „Deindustrialisierung Deutschlands“ und sehen besonders den deutschen Mittelstand in Gefahr. Franke plädiert aber für Optimismus: „Um die gegenwärtigen und zukünftigen Krisen meistern zu können, brauchen wir Innovation. Der deutsche Mittelstand ist dabei nicht das Problem – das enorme Potenzial ist klar erkennbar“, verweist er auf die TOP 100-Unternehmen. „Eine Schlüsselrolle wird aber spielen, ob es uns gelingt, auch Politik und Verwaltung an die Anforderungen der aktuellen und künftigen Herausforderungen anzupassen.“