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Buchtipp

Mit „Superkräften“ gegen das Chaos

7. Februar 2024
5 Min.
Von Christoph Klawitter

Der Wandel lässt sich nicht aufhalten – aber die Art und Weise, wie wir mit ihm umgehen, liegt in unserer Hand: das ist die Botschaft von Anja Försters neuem Buch „7 Superkräfte – Gestalten, Leben und Sein in einer chaotischen Welt“. Die TOP 100-Jurorin zeigt, wie in schwierigen Zeiten Kraft aus dem eigenen Innern geschöpft werden kann.

Manchmal kommt es knüppeldick im Leben. Die Pandemie setzte Anja Försters beruflichem Wirken erst einmal ein plötzliches Ende: Veranstaltungen wurden allerorten abgesagt, für eine Speakerin wie Anja Förster, deren Beruf es ist, mit anderen Menschen zusammenzukommen, ein Fiasko. Doch das war nicht alles: ihre Ehe brach auseinander, wie Förster in großer Offenheit in ihrem Buch schildert. „Der Lockdown, der unsere übliche Geschäftigkeit, die vielen Reisen und Ablenkungen des alltäglichen Lebens abrupt zum Stillstand brachte, war gleichzeitig eine Aufforderung, genauer hinzusehen und Inventur zu machen. Die pandemiebedingte Isolation war ein Brennglas für die Erkenntnis, dass es zwischen uns nicht mehr passte“, schreibt Anja Förster über das Ende ihrer Ehe. Es folgte eine tiefe Krise.

Förster gibt dem Leser Einblick in ihre damalige Gefühlswelt. Sie beschreibt, wie „brutal und einschneidend“ sich ihre Lage anfühlte – und wie es ihr dann doch gelang, einen Ausweg zu finden. „Sieben Superkräfte“, die ein jeder von uns in seinem Innern trage, seien dabei ihre Lotsen und Wegbegleiter gewesen. „Es ist schwierig, eine Krise für inneres Wachstum zu nutzen, wenn du mittendrin steckst. Wenn das Vertraute auseinanderbricht, ist es deutlich einfacher, jemand anderem die Schuld zu geben. Dennoch bleibe ich bei meiner Aussage, dass jede Katastrophe im Leben dir genau das geben kann, was du brauchst, um als Mensch zu reifen“, resümiert Anja Förster.

Der Social-Media-Auftritt als Hochglanzfassade

Eindrücklich warnt Anja Förster davor, sich von dem vermeintlich perfekten Leben, das manche von sich auf Social Media inszenieren, blenden zu lassen: „Insbesondere dann, wenn wir uns in den sozialen Medien tummeln, drängt sich der Eindruck auf, dass alle in der Sonne sitzen und an Cocktails nippen, im Job von Erfolg zu Erfolg schreiten, die Freizeit wahlweise mit Sport oder dem Zubereiten wunderbar gesunder Mahlzeiten verbringen und ein sorgenfreies Familienleben genießen. Der schnöde Alltag wird geschönt, gefiltert und digital zurechtgeruckelt auf Sendung gebracht.“ Sie berichtet dann, dass sie Menschen kennengelernt habe, die auf LinkedIn, Instagram und Co. eine Hochglanzfassade von sich selbst präsentiert hätten – in der Begegnung im „echten“ Leben stelle sich dann doch manches ganz anders dar.

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Immer busy, immer an tollen Orten unterwegs - und alles gleich posten, damit es auch jeder sofort mitbekommt: Selbstinszenierung auf Social Media.

Offenheit gegenüber sich selbst und auch den anderen könne ein Weg zur Heilung und Stärkung sein, wie Förster weiter ausführt. „Offenheit macht mich weder klein noch lässt sie mich inkompetent wirken. Weil viele das jedoch befürchten, umgeben sie sich insbesondere im Berufsleben mit dem Nimbus der Powerfrau oder des Powermanns, die oder der keinerlei Niedergeschlagenheit, Zweifel oder Ängste kennt.“ Selbstverständlich dürfe man das nicht in diesem Sinne verstehen, dass man alles, also wirklich alles, mitteile. Unklug sei es beispielsweise, wenn eine Start-up-Unternehmerin bei der nächsten Finanzierungsrunde vor potenziellen Investoren sagen würde: „Ganz ehrlich, wir sind total überfordert mit dem, was wir tun. Wir verbrennen das Geld wie bei einem Osterfeuer.“ Stattdessen könne die Start-up-Unternehmerin (oder natürlich der Unternehmer) in einem solchen Fall mit engen Vertrauenspersonen über seine Bedenken sprechen.

Das sind die „sieben Superkräfte“

Und was sind nun die „sieben Superkräfte“? Im Buch stellt Anja Förster sie im Detail vor. So sei es, erstens, sehr wirkungsvoll, im Tagesablauf eine Phase der „Stille statt Bullshit“ einzubauen. Unabänderliches radikal zu akzeptieren, ist laut Förster eine weitere Superkraft. Die „Eigenkraft“ zu nutzen wiederum bedeute, wirklich selbst zu denken und die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen – und nicht etwa auf andere abzuschieben. Die vierte Superkraft ist laut Autorin „das Spiel mit der Ungewissheit“. Dies bedeute, von der eigenen „Planungsgläubigkeit“ Abstand zu nehmen und bewusst Ungewissheiten zuzulassen. „Entschiedenheit“ nennt Förster als fünfte Superkraft. „Es geht dabei um die Fähigkeit, im richtigen Augenblick Ja, aber auch Nein zu sagen. Wichtig ist dafür die Balance zwischen dem, was andere von uns erwarten, und dem, was für uns selbst wirklich zählt.“

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Flexibel in seinem Denken bleiben: das erfordert die immer rasanter fortschreitende Digitalisierung.

Sechste Superkraft: flexibles Denken, um altvertraute Sichtweisen kritisch zu hinterfragen. „In einer Welt, die sich durch Globalisierung, Digitalisierung, disruptive neue Technologien und jede Menge Krisen und Herausforderungen in atemberaubendem Tempo ändert, ist ein Denken, das an ehernen ‚Wahrheiten‘ festklebt, brandgefährlich“, meint Förster. Als siebte Superkraft identifiziert sie die Bereitschaft, Experimente zu wagen. „Wer ein Experiment startet, erkennt an: Ich bin mir nicht sicher, ob und wie die Idee funktionieren wird. Und genau deshalb – weil ich es nicht weiß – probiere ich es aus“, so Förster.

Alle sieben Kräfte sollten dann ineinandergreifen, wie die Autorin in ihrem Nachwort deutlich macht: „In die Stille gehen und lernen, mich auf Unsicherheit einzulassen und trotzdem handlungsfähig zu bleiben. Nicht mit Veränderung und Widrigkeiten zu hadern, sondern sie als Botschaften des Lebens zu sehen, die mich tiefe Lektionen über mich selbst und die Welt lehren.“

Fazit

Ob es nun tatsächlich genau „7 Superkräfte“ sind (oder etwa noch weitere), die in unserem Inneren schlummern, wer weiß. Wichtig ist: Das Buch greift die in den vergangenen Jahren immer bedeutender werdenden Themen Resilienz und Achtsamkeit auf. Es überzeugt hier vor allem mit seiner schonungslosen Offenheit: Wie furchtbar es sich anfühlen kann, aus dem gewohnten Leben gerissen zu werden. Und welche Möglichkeiten es dann gibt, um mit dieser herausfordernden neuen Situation zurecht zu kommen – das macht das Buch lesenswert.

Anja Förster: 7 Superkräfte. Econ/Ullstein Buchverlag, Berlin, 208 Seiten, 20 Euro. ISBN: 978-3-430-21113-0.